Der DBfK setzt sich seit langem dafür ein, auch in Deutschland Community Health Nursing zu etablieren. Offenbar haben die politisch Verantwortlichen das Signal gehört: Die Notwendigkeit, die primäre Gesundheitsversorgung zu stärken, ist erkannt. „Professionelle Pflege ergänzen wir durch heilkundliche Tätigkeiten und schaffen u.a. das neue Berufsbild der „Community Health Nurse“ (kurz CHN), heißt es im Koalitionsvertrag der Bundesregierung 2021. Erwähnung findet die Community Health Nurse auch im Koalitionsvertrag 2021 des Landes Berlin sowie in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein.
In Ländern wie Kanada, Finnland oder Slowenien ist der Einsatz von Community Health Nurses schon lange üblich und bewährt: In Städten, aber auch ländlichen Regionen wirken hochschulisch qualifizierte Pflegefachpersonen in der primären Gesundheitsversorgung mit. Sie steuern, koordinieren, beraten, überwachen, leiten. Die Menschen in der Bewältigung des Alltags zu unterstützen - in jeder Lebenslage und Altersspanne -, ist das Kerngeschäft von Community Health Nurses. Sie sind z.B. erste Anpsrechpartner:innen für Menschen mit chronischen oder Mehrfacherkrankungen, Behinderung oder Pflegebedarf.
Schon länger zeichnet sich in Deutschland eine Lücke bei der hausärztlichen Versorgung insbesondere in ländlichen, aber auch städtischen Regionen ab. Hinzu kommt die starre Aufgabenverteilung zwischen den Gesundheitsberufen, die sich angesichts einer alternden Gesellschaft zunehmend als Hemmschuh für innovative Lösungen erweist. Wichtig ist die Übertragung von heilkundlichen Aufgaben auf die Profession Pflege. Um das volle Potenzial der Community Health Nurse auszuschöpfen, braucht es eine Ausweitung des Kompetenzbereiches und Möglichkeiten des eigenverantwortlichen Handelns. Hier müssen für die Berufspraxis zusätzliche gesetzliche Regelungen, insbesondere zur Heilkundeübertragung, geschaffen werden.
International bewährt ist der Einsatz von Community Health Nurses in Gesundheitszentren: Ein multiprofessionell zusammengesetztes Team bietet aufeinander bezogene, integrierte Versorgungsangebote. Das geht weit über den in Deutschland üblichen Arztbesuch hinaus. Es gibt Angebote für Menschen mit Behinderung, Pflegebedürftige, demenziell Erkrankte, chronisch oder mehrfach Erkrankte, zu Selbsthilfegruppen, für werdende Eltern, Familien, Säuglinge, Kinder, Jugendliche und Mobilitätseingeschränkte. Alle arbeiten unter einem Dach: Ärzt:innen, Therapeut:innen, Sozialarbeiter:innen, Pflegefachpersonen.
Eine große Rolle spielen Gesundheitsförderung und Prävention in der Kommune, der Gemeinde, dem Quartier. Die internationale Literatur zeigt: Community Health Nurses leisten einen wichtigen Beitrag, die Gesundheitsversorgung und Pflege qualitativ und quantitativ zu sichern und zu verbessern.
Einen guten Überblick zum Thema gibt die Broschüre Community Health Nursing – Eine Chance für bessere Gesundheitsversorgung in den Kommunen
Sie interessieren sich für das Tätigkeitsprofil?
Weiter unten finden Sie Hinweise zur Qualifizierung durch das Studium Community Health Nursing.
Seit 2017 führt die Agnes-Karll-Gesellschaft in Kooperation mit dem DBfK und mit Unterstützung der Robert Bosch Stiftung das Projekt „Community Health Nursing“ durch.
Ziel ist die Etablierung von Community Health Nursing als pflegerisches Berufsbild mit eigenen Handlungsfeldern in Deutschland. Im Rahmen des Projekts wurden Masterstudiengänge Community Health Nursing in Kooperation mit drei Hochschulen entwickelt. Die ersten Absolvent:innen der Masterprogramme sind fast fertig und münden in das neue Handlungsfeld ein. Ein Zuwendungsprogramm für Studierende, gefördert durch die Robert Bosch Stiftung, unterstützt die Aufnahme des Studiums.
Angesichts des steigenden Bedarfes aufgrund des demographischen und epidemiologischen Wandels zeigt sich, dass die in Deutschland vorhandenen hochschulischen Qualifizierungsmöglichkeiten erweitert werden müssen. Basis für die weiteren Projektphasen ist das Konzept:Community Health Nursing in Deutschland – konzeptionelle Ansatzpunkte für Berufsbild und Curriculum
Antragsformular für das Zuwendungsprogramm
Aktuelle Aufgaben im Projekt:
Derzeit werden Praxisprofile für Handlungsfelder, Verantwortungsbereiche und Einsatzgebiete für Community Health Nurses entwickelt. Die Ergebnisse des juristischen Gutachtens von Prof. Dr. Gerhard Igl und Prof. Dr. Martin Burgi sind dabei richtungsweisend und werden berücksichtigt.
Das Gutachten von Prof. Dr. Martin Burgi und Prof. Dr. Gerhard Igl
Eine Kurzfassung mit Kernbotschaften des Rechtsgutachtens hat die Robert Bosch Stiftung veröffentlicht: "Community Health Nursing - Wegweiser für die Etablierung in Deutschland"
Neben diesen Hochschulen finden Sie in unserer Übersicht weitere Hochschulen, die Studienangebote zu Community Health Nursing bzw. im Kontext von Public Health/Community Health unterbreiten:
Übersicht der Studienmöglichkeiten
Eine Übersicht zu den Studiengängen an der Universität Witten/Herdecke, der Evangelischen Hochschule Dresden und der Katholischen Stiftungshochschule München.
In vielen Gemeinden dünnt die medizinische Primärversorgung aus. Der DBfK unterstützt daher die Idee speziell qualifiziertes Pflegepersonal, die Community Health Nurses, einzusetzen. Broschüre für politisch Verantwortliche und Interessierte aus dem Gesundheitswesen mit einem Überblick zum Thema.
Die Zusammenfassung der CHN-Tagung 2017 in Berlin: In der Tagungsdokumentation finden Sie alle Informationen zu den Keynotes und den Ergebnissen aus Podiumsdiskussion und Fokusgruppen.
Die Veröffentlichung beschreibt im internationalen Vergleich die Aufgaben, Merkmale und notwendigen Kompetenzen von Community Health Nurses. Das Konzept benennt die spezifischen Bedingungen in Deutschland und skizziert mögliche Tätigkeitsschwerpunkte. Es bietet damit grundlegende Aspekte zum Aufbau eines Curriculums für einen postgradualen Studiengang.
Medizinischer Fortschritt: Beitrag von DBfK-Geschäftsführerin Bernadette Klapper zu Community Health Nursing in der Publikation des Reflex Verlags.
Gesundheit für alle: Reportage in der Reihe Arte:Re über das Stadtteilgesundheitszentrum (Geko) in Berlin Neukölln - Beispiel für ein Einsatzfeld der Community Health Nurse.
DBfK-Projektleiterin Andrea Weskamm spricht im Pflegestandard-Podast über alles Wissenswerte zum CHN-Projekt und über die Chancen und Möglichkeiten von CHN im Kontext von Professionalisierung, Gesundheitsförderung und Prävention.
Primäre Gesundheitsversorgung wird in vielen Ländern bereits durch Community Health Nursing abgesichert. Um davon einen Eindruck zu bekommen, waren die Projektbeteiligten vom 1.-5.4.2019 auf einer Studienreise in Finnland unterwegs. Vertreter/innen des Gesundheitsministeriums, des Instituts for Health and Wellfare, der Gewerkschaft für Public Health Nurses, der Metropolia-University und der Finnischen Nurse Association begrüßten die Gruppe. Weitere Stationen waren die Gesundheitszentren in Porvoo und Kalasatama-Helsinki sowie die Deutsche Schule.
Der finnische Staat ermöglicht den Bürgern und Bürgerinnen eine quasi kostenfreie Gesundheitsversorgung für jede Lebensphase. Erste/r Ansprechpartner/innen bei Gesundheitsproblemen sind Public Health Nurses (PHN). In Gesundheitszentren führen sie eigenständig Screenings, Assessments und Impfungen durch, ordnen Untersuchungen an und versorgen Infektionen und Wunden. Sie behandeln Erkrankungen und sind befugt, bestimmte Medikamente zu verordnen.
Die Kompetenzen der PHN und das System der primären Gesundheitsversorgung in Finnland stehen exemplarisch für einen fortschrittlichen Ansatz des „Community Health Nursing“ – also der Primärversorgung in der Kommune, in Gemeinden oder im Quartier.
Die Studienreise gab Einblicke und Impulse, die in die Entwicklung der Studiengänge einfließen werden, die ab Winter 2020 an den geförderten Hochschulen starten sollen.
Ausführlicher Bericht zur Studienreise und zum finnischen Primär-Versorungssystem
Volles Haus bei der Fachtagung Community Health Nursing am 29. und 30. November 2017 in Berlin: Zwei Tage lang tauschten sich Expert/innen aus dem In- und Ausland über das Thema aus. Prof. Doris Schaeffer, Universität Bielefeld, stellte die sich ändernden Bedarfslagen in ländlichen Regionen in Deutschland vor. Franz Wagner, Bundesgeschäftsführer DBfK, präsentierte die Machbarkeitsstudie zum Community Health Nursing in Deutschland. Die zentrale Aussage lautet: „Angesichts der veränderten Versorgungsbedarfe, vor allem auf dem Land und in sozialen Brennpunkten, stehen wir vor großen Herausforderungen. Speziell qualifizierte Pflegefachpersonen bieten eine Chance, die Primärversorgung zu sichern und zu verbessern“.
Prof. Rob van der Sande inspirierte mit Beispielen aus den Niederlanden und Prof. Fiona Ross zeigte, was Community Health Nurses u.a. in Großbritannien und Hongkong leisten. Auf der Podiumsdiskussion erörterten die Teilnehmer: Wie passt das Konzept Community Health Nursing in das deutsche Gesundheitswesen? Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes, diskutierte unter Moderation von Peter Mücke (NDR) mit Prof. Büscher (Hochschule Osnabrück), Dr. Klapper (Robert Bosch Stiftung) und Dr. Hänel (Gesundheitskollektiv Berlin). Am zweiten Tag boten dann die Fokusgruppen die Möglichkeit, spezielle Fragestellungen vertiefend zu diskutieren.
Community Health Nursing auf nationaler und regionaler Ebene: Das war der Schwerpunkt des zweiten Erfahrungsaustausches im Rahmen des Community Health Nursing Projekts, zu dem der DBfK am 11. September 2017 nach Berlin einlud.
Im ersten Treffen lag das Hauptaugenmerk auf den internationalen Entwicklungen. Nun diskutierten die Teilnehmer einen ersten Konzeptentwurf, wie CHN in Deutschland auf den Weg gebracht werden kann. Ziel war auch, deutlich zu machen, was das Neue an dieser Spezialisierung in der Pflege ist. Dementsprechend waren in dem Entwurf bereits bestehende und künftige Problemlagen, die Handlungsfelder, die Aufgaben, die Kompetenzen und die Ausbildungsmodalitäten für Community Nurses aufgeführt. Das Feedback auf den Konzeptentwurf sollte klären, welchen Bedarf die Kommunen an medizinisch-pflegerischer Versorgung haben und wie Community Health Nursing dazu beitragen kann, diesen Bedarf zu decken. Ebenso sollte in Erfahrung gebracht werden, welche Maßnahmen hilfreich sein können, politische Entscheider zu überzeugen und sie zu ermutigen, Stellen für Community Nurses einzurichten.
Es konnten Experten gewonnen werden, die sich politisch mit Fragen zur Gesundheitsversorgung auskennen, die vor Ort in der Kommune die Gesundheit der Bevölkerung gewährleisten, die wissenschaftlich mit der Thematik neuer Versorgungssysteme in der Pflege arbeiten und die sich mit Finanzierungsmodalitäten befassen.
Es fand ein lebhafter, intensiver und vielfältiger Austausch statt. Seine Essenz wird in die Weiterentwicklung des Konzeptes Community Health Nursing einfließen.
Ein internationaler Erfahrungsaustausch war das erste Treffen des Projektes Community Health Nursing, zu dem der DBfK am 10. April 2017 eingeladen hatte. Welche Erfahrungen und Lektionen gibt es, auf die wir zurückgreifen können, wenn wir in Deutschland Community Health Nurses einführen? Welche Strukturen im Gesundheitswesen haben sich bewährt, was ist hinderlich? Wie könnte Community Health Nursing in Deutschland definiert werden? Und, ganz konkret, wie sieht das Handlungsfeld aus? Welche Aufgaben übernimmt er/sie und wofür ist sie zuständig? Diese und viele andere Fragen gilt es zu klären.
Laut Prof. Doris Schaeffer, Uni Bielefeld, öffnet sich gerade ein „Window of opportunity“. Durch die demographische Entwicklung, die Veränderung des Morbiditätsspektrums, aber auch den strukturell bedingten Mangel an Hausärzten klafft eine Lücke in der Gesundheitsversorgung. Das betrifft gerade die ländlichen Gegenden. Wie z.B. in der Uckermark. Was also in Australien gut funktioniert, könnte auch in Deutschland klappen. „Unser Outback ist die Uckermark“, so DBfK-Geschäftsführer Franz Wagner. Wichtig ist es, den Versorgungsbedarf der Menschen zu klären, die daraus entstehenden Aufgaben zu benennen und sinnvoll auf die jeweiligen Berufsgruppen zu verteilen - auch Job-Assignment genannt. Dabei kann es auch zu Neu- oder Umverteilung von Aufgaben kommen. Die Berufsgruppe der Pflege kann eine gute Ergänzung zur herkömmlichen Gesundheitsversorgung bieten.
In Australien und anderswo übernehmen schon lange hochqualifizierte Pflegefachpersonen wichtige Aufgaben in der Primärversorgung. Häufig sind sie als erste Ansprechpartner vor Ort. Sie untersuchen, schätzen ein, überweisen und stellen teilweise sogar Rezepte aus. Das regelt jedes Land individuell. Durch das Expertengespräch sind viele hilfreiche Impulse gesetzt worden, die jetzt in die Machbarkeitsstudie einfließen werden.
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