Der DBfK setzt sich seit langem dafür ein, auch in Deutschland Community Health Nursing zu etablieren. Derzeit ist das Handlungsfeld noch relativ unbekannt. Aber in anderen Ländern wie Kanada, Finnland oder Slowenien ist es schon lange üblich und bewährt: In Städten, aber auch ländlichen Regionen wirken speziell qualifizierte Pflegefachpersonen, sogenannte Community Health Nurses in der primären Gesundheitsversorgung mit.
Schlüsselfunktion haben die kommunalen Gesundheitszentren: Dort finden Patient/innen Ansprechpartner/innen für alle Probleme rund um Krankheit und Gesundheit. Das Besondere daran: Ein multiprofessionell zusammengesetztes Team bietet aufeinander bezogene, integrierte Versorgungsangebote. Das geht weit über den in Deutschland üblichen Arztbesuch hinaus. Es gibt Angebote für Menschen mit Behinderung, Pflegebedürftige, demenziell Erkrankte, chronisch oder mehrfach Erkrankte, zu Selbsthilfegruppen, für werdende Eltern, Familien, Säuglinge, Kinder, Jugendliche und Mobilitätseingeschränkte. Alle arbeiten unter einem Dach: Ärzte, Therapeuten, Sozialarbeiter, Pflegefachpersonen.
Community Health Nurses übernehmen eine zentrale Rolle: Sie steuern, koordinieren, beraten, überwachen, leiten. Das wird international als Community Health Nursing (CHN) bezeichnet. Die Menschen in der Bewältigung des Alltags zu unterstützen - in jeder Lebenslage und Altersspanne -, ist Kerngeschäft von Community Health Nurses. Insbesondere Menschen mit chronischen oder Mehrfacherkrankungen, aber auch junge Familien werden durch Community Health Nurses begleitet.
Eine große Rolle spielen Gesundheitsförderung und Prävention in der Kommune, der Gemeinde, dem Quartier. Die internationale Literatur zeigt: Community Health Nurses leisten einen wichtigen Beitrag, die Gesundheitsversorgung und Pflege qualitativ und quantitativ zu sichern und zu verbessern.
Sie interessieren sich für das Tätigkeitsprofil?
Weiter unten finden Sie Hinweise zur Qualifizierung durch das Studium Community Health Nursing.
Seit 2017 führt die Agnes-Karll-Gesellschaft in Kooperation mit dem DBfK und mit Unterstützung der Robert Bosch Stiftung das Projekt „Community Health Nursing“ durch.
Ziel ist die Qualifizierung und die Etablierung von Community Health Nursing als pflegerisches Berufsbild mit eigenen Handlungsfeldern in Deutschland.
Im ersten Projekt wurde ein mögliches Aufgaben- und Leistungsprofil von Community Health Nursing in Deutschland beschrieben. Es zeigte sich, dass die in Deutschland vorhandenen hochschulischen Qualifizierungsmöglichkeiten noch weiterentwickelt werden müssen. Die Ergebnisse der Projektphase sind im Konzeptentwurf „Community Health Nursing in Deutschland“ beschrieben.
Im zweiten Schritt wurde die Entwicklung von Masterstudiengängen Community Health Nursing (CHN) konkret mit drei Hochschulen geplant. In der dritten Phase des CHN-Projektes (ab Juli 2020) erhalten Pflegefachpersonen die Möglichkeit sich zu Community Health Nurses zu qualifizieren. Ab Wintersemester 2020/2021 können qualifizierte Pflegefachpersonen das Masterstudium an den geförderten Hochschulen aufnehmen.
Ein Zuwendungsprogramm für Studierende an den drei genannten Hochschulen mit bis zu 4000 Euro der Robert Bosch Stiftung unterstützt die Aufnahme des Studiums.
Antragsformular für das Zuwendungsprogramm
Das Projekt läuft nun in der Phase III (vom 01.07.2020 bis 30.06.2023) weiter.
Kernelemente der Phase III sind:
Geplant ist eine Weiterentwicklung des Konzeptes Community Health Nursing zu Handlungsfeldern, Verantwortungsbereichen und Einsatzgebieten. Dabei sollen die Ergebnisse eines juristischen Gutachtens von Prof. Dr. Gerhard Igl und Prof. Dr. Martin Burgi berücksichtigt werden.
Aufgabe der dritten Projektphase ist es:
Durch die Etablierung von Masterprogrammen „Community Health Nursing“ wird die Qualifizierung von Community Health Nurses ermöglicht. Die professionelle Pflege übernimmt eine Rolle in der Primärversorgung, die Gesundheitsversorgung kann gesichert, evtl. auch verbessert und/oder erweitert werden. Die Pflegeberufe gewinnen an Attraktivität, vor allem in der ambulanten Versorgung. Neben der Behandlung von Akuterkrankungen (im Krankenhaus) wird zunehmend die Behandlung chronisch kranker Menschen in den Fokus gerückt. Die mit der hohen Spezialisierung einhergehende erweiterte Handlungsautonomie der Community Health Nurses ist eine Chance, neue pflegerische Rollen zu entwickeln.
Neben diesen Hochschulen finden Sie in unserer Übersicht weitere Hochschulen, die Studienangebote zu Community Health Nursing bzw. im Kontext von Public Health/Community Health unterbreiten:
Übersicht der Studienmöglichkeiten
Dr. Bernadette Klapper (Robert Bosch Stiftung): Begrüßung und Einführung ins Thema
Andrea Weskamm (CHN-Projektleitung DBfK): Herausforderungen in der Gesundheitsversorgung
Anna Suutarla (Finnish Nurses Association): Learning from Finnland
Dr. Regina Klakow-Franck: Versorgungsicherheit in der Fläche - die ärztliche Perspektive
Nadine-Michèle Szepan (AOK): Chancen und Risiken aus Perspektive der Leistungsträger
Prof. Dr. Gerhard Igl: Rechtliche Voraussetzungen und Anforderungen bei der Etablierung von CHN
Kordula Schulz-Asche (MdB, Grüne): Kommunale Versorgungsnöte und Lösungsansätze
Franz Wagner (DBfK-Geschäftsführer): Wie geht es weiter mit CHN?
Präsentation der Masterprogramme der drei Hochschulen im CHN-Projekt
Alle Informationen zum Studienangebot Community Health Nursing an der Universität Witten / Herdecke, der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar und der Katholischen Stiftungshochschule München ab dem Wintersemester 2020/21.
Skandinavische Länder gelten als Vorreiter in puncto pflegerischer Versorgung der Bevölkerung. Was haben sie, was wir nicht haben? - Artikel zur Studienreise, erschienen in "Die Schwester Der Pfleger" 9/2019
In vielen Gemeinden dünnt die medizinische Primärversorgung aus. Der DBfK unterstützt daher die Idee speziell qualifiziertes Pflegepersonal, die Community Health Nurses, einzusetzen. Broschüre für politisch Verantwortliche und Interessierte aus dem Gesundheitswesen mit einem Überblick zum Thema.
Development, accreditation, implementation of master degree programs - Flyer in englischer Sprache
Die Zusammenfassung der CHN-Tagung 2017 in Berlin: In der Tagungsdokumentation finden Sie alle Informationen zu den Keynotes und den Ergebnissen aus Podiumsdiskussion und Fokusgruppen.
Die Veröffentlichung beschreibt im internationalen Vergleich die Aufgaben, Merkmale und notwendigen Kompetenzen von Community Health Nurses. Das Konzept benennt die spezifischen Bedingungen in Deutschland und skizziert mögliche Tätigkeitsschwerpunkte. Es bietet damit grundlegende Aspekte zum Aufbau eines Curriculums für einen postgradualen Studiengang.
DBfK-Projektleiterin Andrea Weskamm spricht im Pflegestandard-Podast über alles Wissenswerte zum CHN-Projekt und über die Chancen und Möglichkeiten von CHN im Kontext von Professionalisierung, Gesundheitsförderung und Prävention.
Prof. Dr. Wilfried Schnepp war Pflegewissenschaftler an der Universität Witten/Herdecke. Noch kurz vor seinem Tod 2020 machte er im Übergabe-Podcast das Potenzial der primären Gesundheitsversorgung deutlich und berichtete vom CHN-Projekt sowie den Vorbereitungen für die Studiengänge an den drei Standorten (ab min 23:20).
Primäre Gesundheitsversorgung wird in vielen Ländern bereits durch Community Health Nursing abgesichert. Um davon einen Eindruck zu bekommen, waren die Projektbeteiligten vom 1.-5.4.2019 auf einer Studienreise in Finnland unterwegs. Vertreter/innen des Gesundheitsministeriums, des Instituts for Health and Wellfare, der Gewerkschaft für Public Health Nurses, der Metropolia-University und der Finnischen Nurse Association begrüßten die Gruppe. Weitere Stationen waren die Gesundheitszentren in Porvoo und Kalasatama-Helsinki sowie die Deutsche Schule.
Der finnische Staat ermöglicht den Bürgern und Bürgerinnen eine quasi kostenfreie Gesundheitsversorgung für jede Lebensphase. Erste/r Ansprechpartner/innen bei Gesundheitsproblemen sind Public Health Nurses (PHN). In Gesundheitszentren führen sie eigenständig Screenings, Assessments und Impfungen durch, ordnen Untersuchungen an und versorgen Infektionen und Wunden. Sie behandeln Erkrankungen und sind befugt, bestimmte Medikamente zu verordnen.
Die Kompetenzen der PHN und das System der primären Gesundheitsversorgung in Finnland stehen exemplarisch für einen fortschrittlichen Ansatz des „Community Health Nursing“ – also der Primärversorgung in der Kommune, in Gemeinden oder im Quartier.
Die Studienreise gab Einblicke und Impulse, die in die Entwicklung der Studiengänge einfließen werden, die ab Winter 2020 an den geförderten Hochschulen starten sollen.
Ausführlicher Bericht zur Studienreise und zum finnischen Primär-Versorungssystem
Volles Haus bei der Fachtagung Community Health Nursing am 29. und 30. November 2017 in Berlin: Zwei Tage lang tauschten sich Expert/innen aus dem In- und Ausland über das Thema aus. Prof. Doris Schaeffer, Universität Bielefeld, stellte die sich ändernden Bedarfslagen in ländlichen Regionen in Deutschland vor. Franz Wagner, Bundesgeschäftsführer DBfK, präsentierte die Machbarkeitsstudie zum Community Health Nursing in Deutschland. Die zentrale Aussage lautet: „Angesichts der veränderten Versorgungsbedarfe, vor allem auf dem Land und in sozialen Brennpunkten, stehen wir vor großen Herausforderungen. Speziell qualifizierte Pflegefachpersonen bieten eine Chance, die Primärversorgung zu sichern und zu verbessern“.
Prof. Rob van der Sande inspirierte mit Beispielen aus den Niederlanden und Prof. Fiona Ross zeigte, was Community Health Nurses u.a. in Großbritannien und Hongkong leisten. Auf der Podiumsdiskussion erörterten die Teilnehmer: Wie passt das Konzept Community Health Nursing in das deutsche Gesundheitswesen? Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes, diskutierte unter Moderation von Peter Mücke (NDR) mit Prof. Büscher (Hochschule Osnabrück), Dr. Klapper (Robert Bosch Stiftung) und Dr. Hänel (Gesundheitskollektiv Berlin). Am zweiten Tag boten dann die Fokusgruppen die Möglichkeit, spezielle Fragestellungen vertiefend zu diskutieren.
Community Health Nursing auf nationaler und regionaler Ebene: Das war der Schwerpunkt des zweiten Erfahrungsaustausches im Rahmen des Community Health Nursing Projekts, zu dem der DBfK am 11. September 2017 nach Berlin einlud.
Im ersten Treffen lag das Hauptaugenmerk auf den internationalen Entwicklungen. Nun diskutierten die Teilnehmer einen ersten Konzeptentwurf, wie CHN in Deutschland auf den Weg gebracht werden kann. Ziel war auch, deutlich zu machen, was das Neue an dieser Spezialisierung in der Pflege ist. Dementsprechend waren in dem Entwurf bereits bestehende und künftige Problemlagen, die Handlungsfelder, die Aufgaben, die Kompetenzen und die Ausbildungsmodalitäten für Community Nurses aufgeführt. Das Feedback auf den Konzeptentwurf sollte klären, welchen Bedarf die Kommunen an medizinisch-pflegerischer Versorgung haben und wie Community Health Nursing dazu beitragen kann, diesen Bedarf zu decken. Ebenso sollte in Erfahrung gebracht werden, welche Maßnahmen hilfreich sein können, politische Entscheider zu überzeugen und sie zu ermutigen, Stellen für Community Nurses einzurichten.
Es konnten Experten gewonnen werden, die sich politisch mit Fragen zur Gesundheitsversorgung auskennen, die vor Ort in der Kommune die Gesundheit der Bevölkerung gewährleisten, die wissenschaftlich mit der Thematik neuer Versorgungssysteme in der Pflege arbeiten und die sich mit Finanzierungsmodalitäten befassen.
Es fand ein lebhafter, intensiver und vielfältiger Austausch statt. Seine Essenz wird in die Weiterentwicklung des Konzeptes Community Health Nursing einfließen.
Ein internationaler Erfahrungsaustausch war das erste Treffen des Projektes Community Health Nursing, zu dem der DBfK am 10. April 2017 eingeladen hatte. Welche Erfahrungen und Lektionen gibt es, auf die wir zurückgreifen können, wenn wir in Deutschland Community Health Nurses einführen? Welche Strukturen im Gesundheitswesen haben sich bewährt, was ist hinderlich? Wie könnte Community Health Nursing in Deutschland definiert werden? Und, ganz konkret, wie sieht das Handlungsfeld aus? Welche Aufgaben übernimmt er/sie und wofür ist sie zuständig? Diese und viele andere Fragen gilt es zu klären.
Laut Prof. Doris Schaeffer, Uni Bielefeld, öffnet sich gerade ein „Window of opportunity“. Durch die demographische Entwicklung, die Veränderung des Morbiditätsspektrums, aber auch den strukturell bedingten Mangel an Hausärzten klafft eine Lücke in der Gesundheitsversorgung. Das betrifft gerade die ländlichen Gegenden. Wie z.B. in der Uckermark. Was also in Australien gut funktioniert, könnte auch in Deutschland klappen. „Unser Outback ist die Uckermark“, so DBfK-Geschäftsführer Franz Wagner. Wichtig ist es, den Versorgungsbedarf der Menschen zu klären, die daraus entstehenden Aufgaben zu benennen und sinnvoll auf die jeweiligen Berufsgruppen zu verteilen - auch Job-Assignment genannt. Dabei kann es auch zu Neu- oder Umverteilung von Aufgaben kommen. Die Berufsgruppe der Pflege kann eine gute Ergänzung zur herkömmlichen Gesundheitsversorgung bieten.
In Australien und anderswo übernehmen schon lange hochqualifizierte Pflegefachpersonen wichtige Aufgaben in der Primärversorgung. Häufig sind sie als erste Ansprechpartner vor Ort. Sie untersuchen, schätzen ein, überweisen und stellen teilweise sogar Rezepte aus. Das regelt jedes Land individuell. Durch das Expertengespräch sind viele hilfreiche Impulse gesetzt worden, die jetzt in die Machbarkeitsstudie einfließen werden.
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