DBfK aktuell - März 2025

„Pflege muss die eigene Leistung erklärbar machen“

Dr. Jörg Kurmann ist Pflegedirektor in Eschweiler. Nach seiner Ausbildung als Krankenpfleger bildete er sich zunächst als Praxisanleiter weiter, studierte Pflegemanagement im Bachelor und Master und promovierte 2023 mit einer Arbeit zu Menschen mit Demenz im Krankenhaus. Er engagiert sich in der BAG Pflegemanagement im DBfK sowie in der Pflegekammer Nordrhein-Westfalen. Wir haben mit ihm über seine Erfahrungen mit der PPR 2.0 gesprochen.

DBfK aktuell:
Wie haben Sie sich in Ihrem Haus auf die Einführung der PPR 2.0 vorbereitet?
Jörg Kurmann: Wir haben Anfang 2023 mit Schulungen zur Systematik, rechtlichen Rahmenbedingungen und der Intention der PPR 2.0 begonnen, parallel wurde auch die Leistungserfassung von Pflegeleistungen (LEP) mit dem Pflegeprozess eingeführt. Ab Mitte 2024 haben unsere Leitungen und die Dokumentationsbeauftragten sich technisch geschult, so dass sie dann die Einführung auf den Stationen begleiten konnten.

Welche Erfahrungen haben Sie bei der Einführung gemacht?
Anfangs hat die technische Unterstützung noch nicht gut funktioniert, da noch gesetzgeberische Fragen geklärt werden mussten. Deshalb wurde die Einführung ja auch von Januar auf Juli 2024 verschoben. Bei uns im Haus hatten wir kurz zuvor ein System zur Pflegeprozessteuerung eingeführt, das zu dem Zeitpunkt nicht kompatibel war. Das ist nun angepasst, allerdings hakt es zurzeit noch bei der automatisierten Ausleitung der Daten in das System von InEK (Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus). Dieses Problem schildern aktuell auch andere Häuser. Momentan ist es noch sehr zeit- und personalaufwendig, die Daten manuell auszuleiten.

Tut sich bei den Software-Anbietern denn etwas?
Ja, wir sind im Austausch mit unserem Anbieter und unterstützen dort den Entwicklungsprozess.

Jetzt können wir zeigen, wie viele Pflegende wirklich nötig sind, um eine sichere und gute Versorgung zu gewährleisten.
Jetzt können wir zeigen, wie viele Pflegende wirklich nötig sind, um eine sichere und gute Versorgung zu gewährleisten.
Dr. Jörg Kurmann

Und wie wurde die PPR 2.0 in den Teams auf Station angenommen?
Die Einführung verlief wirklich geräuschlos, da alle den Grund und den Nutzen der PPR 2.0 verstehen. Im Detail sind teilweise noch Schulungen nötig, damit wir eine realistische Einstufung erhalten. Der Zeitaufwand ist zwar gestiegen, weil der Pflegeprozess stärker reflektiert werden muss. Darin liegt aber meiner Ansicht nach eine Chance, da der Pflegeprozess gestärkt wird. Pflege muss die eigene Leistung erklärbar machen und sie wird dadurch realistischer abgebildet.

Hilft Ihnen die PPR 2.0 bereits bei der Personalplanung?
Ja, wir haben die Daten des letzten Halbjahrs mit den Vorgaben der PpUG (Pflegepersonaluntergrenzen) abgeglichen und es zeigt sich beispielsweise für eine unserer internistischen Stationen, dass der tatsächliche Bedarf an Vollzeitkräften bei 24 liegt, während die PpUG nur 15 Stellen vorsieht. Das liefert berufspolitisch wichtige Argumente. In der Realität wurden ja die Untergrenzen, die eigentlich die rote Linie bilden, ab der eine sichere Versorgung unmöglich ist, oft als Soll-Besetzung genommen. Jetzt können wir zeigen, wie viele Pflegende wirklich nötig sind, um eine sichere und gute Versorgung zu gewährleisten. Das Ziel ist nun, die ermittelte Personalbesetzung auch zu erreichen.

Sehen Sie noch weiteres Potenzial durch die PPR 2.0 Datenerhebung?
In Zukunft und bei konsequenter Umsetzung wird sich die Pflegequalität erhöhen. Es ist in Studien schon lange erwiesen, dass eine bessere Besetzung mit qualifiziertem Pflegepersonal unerwünschte Ereignisse wie Dekubitus, Sturz oder nosokomiale Infektionen reduziert. Verhindertes nachzuweisen ist natürlich schwer. Bei uns im Haus erheben wir solche unerwünschten Ereignisse und wir haben außerdem NEWS (National Early Warning Score) zur Sepsiserkennung eingeführt. Wenn man die Daten miteinander abgleicht, werden Zusammenhänge zwischen Personalausstattung und unerwünschten Ereignissen sichtbar und wir können zeigen, dass mit mehr qualifiziertem Personal weniger passiert.

Was sagen Sie Kolleg:innen, die von der PPR 2.0 noch nicht überzeugt sind?
Weitermachen, auch wenn es anfangs anstrengend und die technische Umsetzung herausfordernd ist! Es ist ein Auftrag an das Pflegemanagement, die Daten zu nutzen. Zeigt mit den Daten, warum Pflege mit guter Besetzung gebraucht wird. Am Ende des Tages betreibt ihr den Aufwand für die Profession.

War es richtig, dass der DBfK sich für die PPR 2.0 starkgemacht hat?
Ich finde es absolut richtig, dass der DBfK für die PPR 2.0 gekämpft hat. Es war notwendig, dass wir endlich ein Instrument an die Hand bekommen haben. Für alles, was noch nicht hundertprozentig funktioniert, gibt es die Weiterentwicklung des Instruments. Man durfte meiner Ansicht nach nicht mehr Zeit verschwenden. Jetzt kommt es darauf an, dass sich 1996 nicht wiederholt und wir das Instrument verbessern und behalten.

(AKH/Foto: Strauch)

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