DBfK aktuell - April 2025

PSU HELPLINE: Bei Anruf Unterstützung von Kolleg:innen

Andrea Forster ist die Leitung des Teams „PSU München“ im Verein PSU-Akut, das sich um die Psychosoziale Unterstützung (PSU) von Pflegenden kümmert. Sie ist Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin, hat auf einer neonatologischen und pädiatrischen Intensivstation gearbeitet, bevor sie Pflegemanagement im Bachelor studiert und einen Master im Management von Sozial- und Gesundheitsbetrieben erworben hat. Im Interview hat sie mit uns über die verschiedenen Hilfsangebote von PSU-Akut gesprochen.


DBfK aktuell: Was ist die PSU HELPLINE?

Andrea Forster: Die PSU HELPLINE ist ein kostenfreies Hilfsangebot für Mitarbeiter:innen im Gesundheitswesen. Wir sind jeden Tag von 9 bis 21 Uhr telefonisch erreichbar und unterstützen Kolleg:innen nach belastenden Situationen. Das Besondere ist, dass das Konzept auf einem sogenannten Peer-Support-System basiert. Das heißt, die Beratung findet durch Kolleg:innen statt, die den Arbeitsalltag kennen und die eine zusätzliche Ausbildung in kollegialer Unterstützung gemacht haben – also „Peers“ sind. Beratung und Hilfe finden auf Augenhöhe statt und man muss nicht viel erklären, da unsere Peers aus eigener Erfahrung wissen, was beispielsweise eine Reanimationssituation mit den Teams machen kann. Bei uns arbeiten Pflegefachpersonen, Ärzt:innen und Kolleg:innen aus weiteren Gesundheitsberufen an der PSU HELPLINE.

Es ist wichtig zu wissen, dass man ein schwerwiegendes Ereignis nicht allein aushalten muss.
Es ist wichtig zu wissen, dass man ein schwerwiegendes Ereignis nicht allein aushalten muss.
Andrea Forster ist die Leitung des Teams „PSU München“

Seit wann gibt es die PSU HELPLINE?

Den Verein PSU-Akut gibt es seit 2013 in Bayern, weil viele Kolleg:innen erleben, dass sie in Stress- und Belastungssituationen alleingelassen und auf sich gestellt sind. Mit PSU-Akut haben wir ein regionales Unterstützungsangebot in Bayern geschaffen. Die PSU Akutintervention ist ein Angebot für Teams, die schwerwiegende Ereignisse erlebt haben – damit diese Erfahrungen nicht zu einer langfristigen psychischen Belastung werden. Ursprünglich war die PSU HELPLINE als eine Art Rückfallebene gedacht, die den von uns ausgebildeten Peers bei schwierigen Fällen zusätzliche Unterstützung bieten sollte. Doch während der Pandemie haben wir erkannt, dass es bundesweit einen großen Bedarf an niedrigschwelligen Hilfsangeboten gibt. Deshalb haben wir 2020 mit Beginn der COVID-19-Pandemie die PSU HELPLINE auf ganz Deutschland ausgeweitet.

Wie wird das Angebot von den Kolleg:innen angenommen?

Im letzten Jahr haben wir knapp 700 Gespräche geführt. Wir sind weiterhin dabei, das Angebot der PSU HELPLINE und auch das der Unterstützung vor Ort in Bayern bekannt zu machen. Wir bieten beispielsweise den Pflegeauszubildenden in den Pflegeschulen in München und Umgebung Sensibilisierungsvorträge gleich zu Beginn der Ausbildung an und kommen dann später noch mit einer Schulung in die Klassen, die mehr in die Tiefe geht. Die Folgen sehen wir auch bei der Nutzung des Angebots: Es sind häufiger Auszubildende, die sich bei uns melden, da sie das Angebot kennen.

Worum geht es bei den Gesprächen meist?

Das ist sehr unterschiedlich. Es kann sich um ein schwerwiegendes Ereignis handeln, um Themen in der Ausbildung wie die Überforderung bei Praxisanleitenden, um dauerhaften Stress oder auch um Fälle von z. B. Mobbing.

Wie läuft ein Gespräch ungefähr ab?

Wenn ein:e Anrufer:in mit einer:einem unserer Berater:innen sprechen möchte, vermitteln unsere Kolleg:innen der Anrufannahme an den diensthabenden Peer oder eine Psychosoziale Fachkraft. Manchmal hilft es schon, wenn man weiß, dass man nicht allein ist und dass die eigene Reaktion normal ist. Eine weiterführende Beratung durch unsere Psychotherapeut:innen in der Sprechstunde ist ebenso möglich. Wir beraten nicht juristisch, aber leiten auch dann die Anrufer:innen weiter – DBfK-Mitglieder beispielsweise an die Berater:innen im DBfK.


Infomaterialien und Taschenkarten können über info@psu-akut.de bestellt werden.
Infomaterialien und Taschenkarten können über info@psu-akut.de bestellt werden.

Es fiel schon mehrfach der Begriff des schwerwiegenden oder unnormalen Ereignisses. Was ist damit gemeint?

Bei einem schwerwiegenden Ereignis muss nicht zwingend etwas Gravierendes passiert sein. Solche Ereignisse sind dadurch gekennzeichnet, dass man in dem Moment handlungsunfähig wird, die Sicherheit verloren geht, dass sie als Gefahr empfunden werden und dass sie meist unerwartet eintreten. Das kann auch eine erfolgreiche Reanimation sein, es können Erfahrungen von Gewalt, sexualisierter Gewalt, Rassismus, Fehler oder auch Fehler, die beinahe passiert wären, sein.


Neben den akuten Ereignissen gibt es auch „chronische“ Fälle, für die Sie ansprechbar sind?

Ja, diese sind auch sehr unterschiedlich gelagert und verlaufen meist prozesshaft. Gerade sehr erfahrene Kolleg:innen melden sich oft erst dann, wenn sozusagen das Fass zum Überlaufen gebracht wurde. Moral Distress spielt auch eine große Rolle in unseren Gesprächen. Moral Distress bezeichnet eine Stressreaktion, die entsteht, wenn z. B. Pflegende entgegen ihren eigenen Werten handeln müssen. Ein typisches Beispiel ist eine reduzierte Patientenversorgung aufgrund von Personalmangel.

Haben Sie noch eine Botschaft für die Leser:innen?

Es ist wichtig zu wissen, dass man ein schwerwiegendes Ereignis nicht allein aushalten muss. Und es ist normal, dass man sich nach einem unnormalen Ereignis so fühlt, wie man sich fühlt. Die teils heftige Reaktion ist keine Krankheit, kann sich aber dazu entwickeln. Daher ist es richtig, nach einem solchen Ereignis schnell zu handeln. Das ist keine Schwäche. Im Gespräch mit den Peers wird dieses Wissen vermittelt. Wissen macht stark und gibt wieder Sicherheit. Neben dieser Botschaft habe ich vor allem eine Bitte: Sagen Sie es Ihren Kolleg:innen weiter, machen Sie die Hilfsangebote bekannt, melden Sie sich bei uns, um Infomaterial wie Taschenkarten zu bekommen, und vor allem: Rufen Sie uns an, wenn Sie Unterstützung benötigen!

(AKH)

Die PSU HELPLINE ist unter 0800 0 911 912 täglich von 9 bis 21 Uhr telefonisch erreichbar oder via E-Mail an: brtngps-hlplnd

Weitere Informationen gibt es auf der Website: psu-helpline.de

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