Beim 3. Fachtag Schulgesundheitspflege am 21. November in Darmstadt stellte Prof. Dr. Ulrike Manz (Evangelische Hochschule Darmstadt) in ihrer Begrüßung fest, dass 2017 beim ersten Fachtag gerade einmal 50 Personen anwesend waren – damals ging es in erster Linie um Fragen der Evaluation der ersten Modelle in Hessen und Brandenburg sowie um die Vernetzung der Schulgesundheitsfachkräfte (SGFK) untereinander.
Inzwischen kann von einer Verstetigung des Themas gesprochen werden. Das zeigt sich auch daran, dass beim diesjährigen Fachtag mehr als 100 Personen, davon 50 aktive Schulgesundheitsfachkräfte anwesend waren. Eben weil das Thema etabliert ist, verändern sich auch die Inhalte der Veranstaltung. Der Fachtag 2025 befasste sich mit dem Schwerpunkt „Psychische Gesundheit – Maßnahmen und Angebote der SGFK“ sowie mit der Vernetzung mit anderen Berufsgruppen im Kontext der Kinder- und Jugendgesundheit, allen voran Kinderärzt:innen und der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD).
Aufrütteln müssen die von den verschiedenen Vortragenden genannten Daten und Fakten: Bis zu 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen weisen psychische Auffälligkeiten wie depressive Verstimmungen und Angststörungen auf, jedes 7. Kind in Deutschland lebt in Armut und kommt unter Umständen ohne Frühstück in die Schule, Eltern müssen Kinder wegen kleiner Blessuren aus der Schule abholen und deshalb ihren Arbeitsplatz verlassen. Hinzu kommen vermehrt chronische Erkrankungen und Übergewicht – das sind nur einige Punkte, die für die Investition in eine flächendeckende Einführung von Schulgesundheitspflegenden in Deutschland sprechen. Schulgesundheitsfachkräfte sind von unschätzbarem Wert, natürlich in erster Linie für die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen, aber eben auch zur Senkung der Kosten im Gesundheitswesen.
Prof. Dr. Catharina Maulbecker-Armstrong (TH Mittelhessen) verwies auf die ausführlichen Studien, die belegen, dass jeder investierte Euro um ein Vielfaches an anderer Stelle eingespart werden kann. Auch Birgit Pätzmann-Sietas (Deutscher Pflegerat) zeigte, dass in Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern beim Einsatz von Schulgesundheitspflegenden noch weit im Hintertreffen ist: Während in Deutschland ca. 150 Schulgesundheitspflegende bei über 83 Mio Einwohner:innen tätig sind, sind es z.B. in Belgien 3.330 bei 11 Mio. Einwohner:innen.
In der Podiumsdiskussion schilderte Kordula Schulz-Asche, bis zur letzten Legislaturperiode MdB (GRÜNE), wie schwierig es ist, diese Themen voranzubringen, denn zunächst stehen die Finanzierungsfragen im Vordergrund. Daher ist es immens wichtig, dass alle Involvierten – Verbände, Hochschulen, Schüler:innen und die SGFK selbst – die Politiker:innen immer wieder auf die Probleme aufmerksam machen und auf die Studienlage hinweisen.
Luca Dobrita von der Landeschüler:innenvertretung Hessen stellte aus Sicht der direkt Profitierenden dar, wie wertvoll die Arbeit der Schulgesundheitsfachkräfte ist und forderte, dass sie noch mehr in den Unterricht zu Gesundheitsthemen einbezogen werden sollten. Uta Schmazinski vom Ministerium für Bildung in Rheinland-Pfalz legte dar, dass sich das Landesministerium auf dem Weg in die Verstetigung befinde. Ihr Ministerium fördert die Erstellung einer S2k-Leitlinie zur Schulgesundheitspflege. Diese Leitlinie hält für alle weiteren Projekte und Diskussionen fest, wie Kompetenzprofil und Tätigkeiten und vor allem auch die Ausbildung der SGFK aussehen soll. Gerade weil eine bundesweit einheitliche Profilierung schwierig sein wird, macht diese Leitlinie Sinn. Aus ihrer Erfahrung heraus brauche man viel Geduld und es gebe Erfolge zu sehen. Durch die Modellprojkete wurden Fakten geschaffen – aber: Alle Beteiligten müssten weiter am Thema dranbleiben. Eine stete Lobbyarbeit aller Verbände und Beteiligten sei nötig, um die Schulgesundheitspflege in Deutschland weiter voranzubringen.
Als schöner Nebeneffekt – das wurde an den vielen positiven Berichten aus den Schulen deutlich – dienen die SGFK als Vorbild für einen möglichen Berufswunsch Pflegefachperson. Die Etablierung von Schulgesundheitsfachkräften in Deutschland ist dem DBfK ein großes Anliegen. Wir haben das Thema von Anfang an befördert, bieten den SGFK eine Vernetzungsplattform in der Fachgruppe und halten die Thematik in unseren Publikationen und politischen Forderungen aufrecht. Die Rolle der SGFK ist gemeinsam mit anderen Rollen wie Community Health Nursing im Bereich Public Health verortet und sollte perspektivisch auf Masterniveau absolviert werden, besonders vor dem Hintergrund der eigenständigen Heilkundeausübung nach dem Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege. Die evangelische Hochschule Darmstadt ist seit Beginn der Modellprojekte Schulgesundheitspflege in Deutschland alleiniges Weiterbildungsinstitut für Pflegefachpersonen, die sich auf die Rolle als Schulgesundheitsfachkraft vorbereiten.
