DBfK aktuell - Dezember 2024

Deutscher Krankenhaustag 2024: Impulse für die Pflege der Zukunft

Bernadette Klapper, Sabine Berninger und Vera Lux auf dem Deutschen Krankenhaustag 2024
Bernadette Klapper, Sabine Berninger und Vera Lux auf dem Deutschen Krankenhaustag 2024

Unter dem Motto „Mehr Kompetenz wagen: Pflege als Treiber im Gesundheitswesen“ stand beim 47. Deutschen Krankenhaustag am 13. November die Pflege im Fokus. Organisiert wurde der Tag vom DBfK, der Arbeitsgemeinschaft christlicher Schwesternverbände und Pflegeorganisationen in Deutschland e. V. (ADS) und der Pflegekammer NRW. Der Kongress bot spannende Einblicke und zukunftsweisende Diskussionen über die Rolle der Pflege im Gesundheitssystem.

Keynote: Künstliche Intelligenz

Bart de Witte zeigte in seinem Vortrag auf, wie Künstliche Intelligenz (KI) das Gesundheitswesen revolutionieren könnte. Beispiele wie KI-gestützte Diagnostik oder Entscheidungsunterstützung in der Pflege bieten das Potenzial, nicht nur Personalressourcen zu entlasten, sondern auch die Versorgungsqualität zu steigern. Anwendungen wie Voice-Assistenzsysteme könnten die Dokumentation erleichtern, während KI-Agenten Patient:innen betreuen und so als Schnittstelle zum Fachpersonal dienen.

Krankenhausreform: Ein Marathonprojekt

Helmut Watzlawick, Vertreter des Gesundheitsministeriums NRW, stellte die Eckpfeiler der aktuellen Krankenhausreform vor. Dabei präsentierte er sieben Thesen für eine erfolgreiche Umsetzung:

  • Es braucht einen klaren politischen Auftrag seitens des Ministeriums.
  • Große Reformen können nur gelingen mit breiter Unterstützung der wichtigen Akteur:innen im Gesundheitswesen.
  • In der Bevölkerung muss Akzeptanz geschaffen werden.
  • Eine Krankenhausreform ist ein Marathon mit einem langfristigen Zeitplan.
  • Eine Reform braucht Geld, das zusätzlich zur Verfügung gestellt werden muss.
  • Transparenz muss hergestellt und Entscheidungen auf fachlicher Grundlage getroffen werden.
  • Vertrauen und Verbindlichkeit zwischen den wichtigen Akteur:innen: Nordrhein-Westfalen gilt hier als Vorreiter und bietet eine solide Grundlage für die bundesweite Umsetzung.


Carsten Hermes als Vorstandmitglied der Pflegekammer NRW betonte, wie wichtig es sei, die Pflegequalität durch klare Standards und Leitlinien zu sichern – entwickelt von der Profession selbst. Hier könnten Berufsverbände und Pflegekammern eine zentrale Rolle spielen.

Ausbildung und Personallücke in der Pflege

Prof. Dr. Michael Isfort thematisierte die Herausforderungen in der Pflegeausbildung. Während die Zahl der Auszubildenden wachse und sich daraus schließen ließe, dass der Pflegeberuf für viele attraktiv sei, bliebe der Anteil der Ausbildungsplätze in der ambulanten Pflege gering. Doch gerade die ambulanten Settings hätten eine zunehmende Bedeutung. Angesichts der Alterung des Pflegepersonals und bevorstehender Renteneintritte könne es zukünftig zu einer kritischen Personallücke kommen. Zudem könne die Schließung von Krankenhäusern in ländlichen Regionen die Ausbildungslandschaft weiter erschweren, weil dadurch Kooperationspartner für die Ausbildung fehlten.

Chancen der Krankenhausreform für die Pflege

Vera Lux, Präsidentin des DBfK, hob die Chancen der Reform hervor. Die Konzentration auf Qualitätskriterien in den Leistungsgruppen könne auch die Pflegequalität stärker in den Fokus rücken. Dazu brauche es organisierte Strukturen, wie die Pflegekammern und starke Berufsverbände. Durch die Schließung von Betten könne das Personal besser konzentriert und der Personalnot gegebenenfalls etwas entgegengesetzt werden. Die Krankenhausreform werde die Bedeutung der ambulanten Versorgung und der Vor- und Nachbehandlung von Patient:innen außerhalb des Krankenhauses verstärken. Dazu fehle es an einem Leistungsrecht, damit diese Leistungen für die Pflege vergütet werden könnten. Auch erweiterte pflegerische Kompetenzen seien dafür notwendig. Deshalb sei ein Pflegekompetenzgesetz alternativlos und müsse als dringendes Projekt in der nächsten Legislaturperiode angegangen werden.

DBfK-Präsidentin Vera Lux
DBfK-Präsidentin Vera Lux
Kongresspräsidentin Sabine Berninger
Kongresspräsidentin Sabine Berninger

Podiumsdiskussion: Pflege als zentraler Akteur der Gesundheitsversorgung

In einer hochkarätigen Podiumsdiskussion mit Vertreter:innen aus Politik, Pflege und Wissenschaft stand die Frage im Fokus: Wie sieht die Zukunft einer sektorenübergreifenden Pflege aus und was können Pflegefachpersonen dazu beitragen?

Sabine Berninger, die diesjährige Kongresspräsidentin, diskutierte gemeinsam mit Sandra Postel (Präsidentin der Pflegekammer NRW), Gerald Gaß (Vorstandsvorsitzender der DKG), Nilgün Özel (Vizepräsidentin DRK Westfalen-Lippe) sowie Staatssekretär Matthias Heidmeier aus dem NRW-Gesundheitsministerium. Moderiert wurde die Podiumsdiskussion, wie auch die gesamte Veranstaltung, von Bernadette Klapper (Bundesgeschäftsführerin des DBfK).

Deutlich wurde dabei, dass Pflege in allen Settings gestärkt werden muss. Dazu gehört eine gute Qualifikation auf allen Bildungsniveaus, von der Pflege(fach)assistenz bis zum Masterstudium. Mit neuen Strukturen in der Primärversorgung und der ambulanten Pflege kann stärker auf Prävention fokussiert werden, was den Pflegebedarf senken kann. Gesundheitsförderung und Prävention sind Kernaufgaben von Pflegefachpersonen. Community Health Nurses, Gesundheitskioske und Primärversorgungszentren sind die neuen Berufsbilder und Strukturen, die für diese Aufgaben notwendig sind. Die Pflegewissenschaft in Deutschland ist leider schlecht ausgebaut und pflegewissenschaftliche Institute werden zunehmend geschlossen, wobei es einen hohen Bedarf an akademisierter Pflege gibt. Auch die Digitalisierung ist zu nutzen, z. B. könnten durch die elektronische Patientenakte Informationen über die Settings hinweg ausgetauscht werden und eine Entbürokratisierung stattfinden. Zentral dabei ist, dass die Pflege durch Lese- und Schreibrechte dieses Instrument auch nutzen kann.

Bernadette Klapper, Matthias Heidheimer, Gerald Gaß, Nilgün Özel, Sandra Postel und Sabine Berninger bei der Podiumsdiskussion (v.l.).
Bernadette Klapper, Matthias Heidheimer, Gerald Gaß, Nilgün Özel, Sandra Postel und Sabine Berninger bei der Podiumsdiskussion (v.l.).

Pflegekammer NRW: Starke Vertretung dank Mitgliedsbeiträgen

Sandra Postel, Präsidentin der Pflegekammer NRW, hob die Bedeutung der Mitgliedsbeiträge hervor, die für die langfristige Arbeit und Stabilität der Kammer unerlässlich seien. Nur so könne die Pflegekammer als starke Vertretung für die Pflege in NRW agieren. Steuerberaterin Janine Peine erläuterte, wie das Steuerrecht genutzt werden könne, um die Kammerbeiträge steuerlich zu reduzieren. Eine Möglichkeit: Arbeitgeber könnten die Beiträge übernehmen – ein Modell, das in anderen verkammerten Berufen bereits etabliert sei und zugleich ein attraktives Argument bei der Arbeitsplatzwahl sein könnte.

Finanzierung der Krankenhauspflege: Pflegebudget im Fokus

Ingo Böing, Referent für Pflege im Krankenhaus beim DBfK, richtete den Blick auf die Finanzierung der Pflege im Krankenhaus. Im Zentrum stand das Pflegebudget, das in den letzten Jahren eine deutliche Trendwende eingeleitet habe: Nach Jahrzehnten des Personalabbaus in der Pflege wurde mit dem Pflegebudget erstmals ein gezielter Schritt zur kostendeckenden Finanzierung der Pflege unternommen. Das Pflegebudget sei der richtige Weg, um Pflege im Krankenhaus nachhaltig zu finanzieren. Es dürfe im Rahmen der Krankenhausreform auf keinen Fall infrage gestellt werden, da es ansonsten wieder zu einem Personalabbau in der Pflege käme.

Fazit: Mut zur Veränderung

Die Zusammenfassung von Ulrike Döring und Jens Albrecht zum Abschluss verdeutlichten die drängenden Herausforderungen und wegweisenden Ziele für die Pflege.

Ulrike Döring betonte, dass Pflege eine finanzielle Basis braucht, um hochwertige Versorgung zu sichern. Sie plädierte für eine sektorenübergreifende Zusammenarbeit und die stärkere Einbindung pflegefachlicher Expertise, um gezielt auf die Bedürfnisse der Menschen eingehen zu können. Dies erfordert Mut, ist aber entscheidend für eine starke und zukunftsfähige Pflegeprofession.

Jens Albrecht hob die politische Dimension der Pflege hervor, die lange vernachlässigt wurde. Er forderte, Pflegefachpersonen stärker in Entscheidungsprozesse einzubinden, um die Profession nachhaltig zu stärken. Digitalisierung und künstliche Intelligenz bieten große Chancen, werfen aber auch Herausforderungen auf, die kritisch reflektiert werden müssen. Ein zentrales Ziel bleibt die Steigerung des Anteils akademisch qualifizierter Pflegefachpersonen, um die Professionalisierung der Pflege voranzutreiben und eine evidenzbasierte, hochwertige Patient:innenversorgung zu gewährleisten.

Der DKT 2024 zeigte deutlich: Die Pflege hat das Potenzial, nicht nur mitzugestalten, sondern die Zukunft des Gesundheitswesens aktiv zu prägen. Es braucht mutige Entscheidungen, starke Organisationen und eine klare politische Agenda, um die Herausforderungen zu meistern – und die Pflege zur treibenden Kraft zu machen.

(IB)

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