Am 7. und 8. November 2024 fand der Deutsche Pflegetag statt – zwei Tage, die in diesem Jahr nicht nur die Pflegebranche bewegten, sondern auch von weitreichenden politischen Umwälzungen überschattet waren.
Nur einen Tag zuvor hatte die Welt die Wiederwahl Donald Trumps zum US-Präsidenten miterlebt und in Deutschland erschütterte am Abend desselben Tages der Bruch der Ampelkoalition die politische Landschaft. Inmitten dieser Unruhe kamen rund 9.000 Pflegefachpersonen, Aussteller:innen und Interessierte im ausverkauften hub27 auf der Berliner Messe zusammen, um sich auszutauschen, voneinander zu lernen und gemeinsam ein Zeichen der Stärke zu setzen.
Die politische Lage sorgte für gemischte Gefühle unter den Teilnehmenden. Die Unsicherheit, ob dringende Gesetzesvorhaben wie das Pflegekompetenzgesetz in der neuen politischen Situation noch rechtzeitig umgesetzt würden, war spürbar. In der Pressekonferenz fand Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats, deutliche Worte: „Die Sicherung der Gesundheitsversorgung in Deutschland hängt an der Pflege. Der Bundeskanzler hat in seiner Erklärung von Gesetzesvorhaben gesprochen, die keinerlei Aufschub dulden. Die Kompetenzneuordnung und -verteilung innerhalb der Heilberufe gehören dazu. Wenn die Politik das Pflegekompetenzgesetz nicht noch vor der nächsten Bundestagswahl auf den Weg bringt und die Pflege mit den notwendigen Handlungsbefugnissen ausstattet, geraten wir in eine verheerende Sackgasse und riskieren eine Versorgungskrise mit tiefgreifenden gesellschaftlichen Folgen.“ Am nächsten Tag legte sie in der Diskussionsrunde zur Zukunft der Pflege noch einmal nach: „Ich erwarte, dass das Pflegekompetenzgesetz durchgeschoben wird – auch von einer neuen Regierung –, und wir nicht wieder von vorne anfangen müssen, darüber zu diskutieren.“
Diese Mahnung ließ die Bedeutung des Pflegetags 2024 noch gewichtiger erscheinen. Es ging nicht nur um fachlichen Austausch und Netzwerken, sondern auch um die Zukunft der Pflegeberufe und deren zentrale Rolle in der Gesundheitsversorgung des Landes. Nicht zuletzt in Zeiten, in denen ein Ruck nach rechts außen durch Deutschland geht, sind die Pflegenden gefordert, Haltung zu zeigen – gemäß des Grundethos: Jeder der zu uns kommt, wird versorgt. „Wenn politische Parteien diese Haltung in Frage stellen, werden wir uns dagegenstellen“, bekräftigte Vogler.
Der DBfK war im Ausstellungsbereich mit einem Stand vertreten, der sich als Anziehungspunkt für die Besucher:innen erwies. Das Glücksrad lockte viele Interessierte und sorgte für gute Laune – etwas spielerische Ablenkung inmitten der ernsten Themen des Tages. Das Besondere: Mehr als die kleinen und größeren Gewinne zählten die Gespräche, die sich daraus ergaben.
Viele Pflegefachpersonen nutzten die Gelegenheit, sich mit Kolleg:innen auszutauschen und sich über die DBfK-Projekte wie Community Health Nursing und das neue Projekt zur Schulung von Praxisanleitenden für nachhaltige Berufsbildung (BBNE-PfleGe) zu informieren, oder über das das neu entwickelte Dokumentationstool für Schulgesundheitspflegende zu sprechen. Zahlreiche Interessierte wurden am Stand direkt Mitglied im DBfK – ein Zeichen, dass die Pflegenden sich mehr denn je vernetzen und organisieren, um ihre Stimme zu stärken. Großen Zulauf gab es auch beim Mitgliedertreffen am Stand, zu dem DBfK-Präsidentin Vera Lux die Teilnehmenden herzlich begrüßte. Auch sie sprach über die politisch schwierige Lage und machte deutlich, wie wichtig es sei, zusammenzuhalten und den Druck auf die Politik aufrechtzuerhalten.
Trotz der politischen Unsicherheit war die Atmosphäre von einem starken Wir-Gefühl in den Fachvorträgen, Podiumsdiskussionen und Workshops geprägt und ließ die Teilnehmenden Inspiration für den Pflegealltag sammeln. DBfK-Bundesgeschäftsführerin Bernadette Klapper hatte im Programmbeirat die Säule „Pflege.kompetent“ vorbereitet mit Sessions zu Public Health Nursing, zur Rolle der Advanced Practice Nurse und zur Kompetenz bei der Verhinderung von Pflegebedürftigkeit. „Hier stehen wir noch am Anfang. Es steht als drängende Aufgabe an, systematisch einer Pflegebedürftigkeit vorzubeugen und die Selbständigkeit der Menschen möglichst lange zu erhalten. Dazu braucht es einerseits pflegewissenschaftliche Weiterentwicklung und andererseits eine Regulierung mit mehr professioneller Handlungsfreiheit sowie eine angemessene Vergütung“, fasste Klapper den Kern der Diskussion zusammen.
Darüber hinaus waren viele weitere DBfK-Mitarbeitende und -Mitglieder in die einzelnen Programmteile eingebunden, so auch die Lenkungsgruppe Junge Pflege: Lina Gürtler diskutierte im rbb-Forum zur „Zukunft der Pflege“ u.a. mit Christine Vogler und dem CDU-Bundestagsabgeordneten Mario Czaja über anstehende politische Aufgaben. Tanja Gebauer brachte ihre Perspektive in der Diskussionsrunde zum ICN-Kodex ein, die DBfK-Vorstandsmitglied Johannes Wünscher moderierte. Auch der Junge Pflege Kongress des DBfK-Nordost, traditionell in den Pflegetag eingebunden, fand in einer proppevollen Halle großen Anklang bei den Nachwuchspflegenden.
Mehr dazu: Rekordteilnahme bei Junge Pflege Kongress des DBfK Nordost
(AKH/BK/IKR)