Vier Fragen an Tahnee Leyh

11.03.2024

Vier Fragen an Tahnee Leyh
Vier Fragen an Tahnee Leyh

Tahnee Leyh ist Gemeindegesundheitspflegerin beim DRK-Kreisverband Fläming-Spreewald e.V. im brandenburgischen Luckau. Ihre Stelle ist Teil des Landesförderprogramms „Pakt für Pflege – Pflege vor Ort“. Ein Modell für den ländlichen Raum, nicht nur in Brandenburg?

Der DBfK wirbt seit langem für das Community Health Nursing. Auch die Politik ist dafür, aber die Einrichtung entsprechender Stellen kommt nur langsam voran. Wie übersetzt du deine Aufgabe in die Praxis?

Tahnee Leyh: Ja, die Mühlen mahlen langsam. Darum ist es meiner Meinung nach zusätzlich zu allen Diskussionen über Finanzierungskonzepte auch notwendig, sich als CHN seiner Rolle bewusst zu sein und selbst ins Gespräch zu gehen, z.B. mit Kommunen oder kreisfreien Städten. Allen ist bewusst, wohin wir im Bereich der Primärversorgung im ländlichen Raum steuern. Landarztmangel, demografischer Wandel, Multimorbidität und die fehlende sektorenübergreifende Zusammenarbeit. Das sind alles Begriffe, die uns im Zusammenhang nicht neu sind. Wenn dann jemand kommt, der sagen kann: Hey, ich bin darauf ausgebildet, genau diese Brennpunkte alle qualifiziert und nachhaltig anzugehen und miteinander in Verbindung zu setzen und zwar mit dem oben genannten Know-how, dann geht vielen Entscheidungsträger:innen ein Licht auf: Ah ja, das könnten wir gebrauchen. Und daraufhin können Konzepte präsentiert und bestenfalls direkt in der Regelversorgung angenommen werden. Dafür ist der Pakt für Pflege für unsere Kommune wiederum eine gute Starthilfe.

Angefangen hast du am 01.01.2024. Wie waren die ersten Monate? Wussten die Menschen und wusstest du selbst gleich, was deine Aufgaben sind? Oder war und ist das ein Prozess?

Tahnee Leyh: In der Rolle der CHN habe ich erst dieses Jahr begonnen, ja. Man muss aber dazu sagen, dass ich die Bedarfe der Einwohnenden hier nur so gut kenne, weil ich a) hier neben dem Studium noch im Krankenhaus tätig war und b) hier selbst (wieder) lebe und auch größtenteils aufgewachsen bin und c) im Vorjahr bereits die vorangegangene Sozialraumanalyse - auch im Rahmen des Pakt für Pflege - geleitet habe, um erst einmal herauszufinden, wie Menschen sich hier gutes und gesundes Altern vorstellen. Daraus wurden der Stadt dann Maßnahmenvorschläge von den beteiligten Wohlfahrtsträgern präsentiert und bereits Konzepte vorgelegt, z.B. das der "Gemeindegesundheitsschwester". Darin ist natürlich mein Arbeitsrahmen bzw. meine Arbeitsorganisation beschrieben, um den Bürger:innen und auch den Netzwerkpartner:innen zeigen zu können, worin meine Aufgabenfelder bestehen und wie Gemeindegesundheitspflege erreicht werden kann.

Momentan befinde ich mich allerdings noch in der Vorbereitung zu einer gelungenen Umsetzung, im "Vorstellungsprozess": Meine Rolle publizieren, in der Presse, in den Ortsteilen in enger Zusammenarbeit mit Ortsvorstehenden, um die Einwohnenden der Ortsteile zu erreichen und in die Lebensräume zu gehen und zu signalisieren: Ich komme dahin, wo gelebt wird und erwarte nicht, dass Menschen mich von sich aus suchen und finden, wie es sonst im Gesundheitssystem ist. Der zweite Part ist das "Klinkenputzen", das bedeutet, mich in den Arztpraxen, im Pflegestützpunkt, im Mehrgenerationenhaus und bei vielen weiteren Netzwerkpartner:innen von Angesicht zu Angesicht vorzustellen. Das hilft ungemein, denn es schafft Vertrauen in eine "neue" Rolle im Gesundheitssystem und einen direkten Raum, um sich auszutauschen und Aufgaben abzuklären und Doppelstrukturen zu vermeiden.

Erfährst du Unterstützung oder gibt es Vorbehalte von Kolleg:innen, auch aus anderen Gesundheitsberufen?

Tahnee Leyh: Bis jetzt konnten Vorbehalte, wenn es welche gab, gut aufgeklärt werden, eben genau dadurch: das persönliche Kennenlernen und die Klärung von Kompetenzen. Und Unterstützung oder Zuspruch gibt es zum Glück eine Menge, gerade von denen, mit denen ich bis jetzt zusammenarbeite, da einfach die Notwendigkeit im CHN erkannt wird.

Am häufigsten wird gefragt, ob du schon eine Schwalbe hast – was hat es damit auf sich?

Tahnee Leyh: Das fragen mich meistens Menschen, die in der DDR gelebt haben, denn dort gab es die "Schwester Agnes" als Fernsehsendung, in der die Protagonistin eine Gemeindeschwester war, die mit ihrer Schwalbe von Ort zu Ort fuhr und die Menschen dort versorgte. Ein Beruf, den es also in ähnlicher Form bereits in Deutschland gab. Dieses Bild hilft teilweise, um zu verstehen, worin es in meiner Rolle auch geht. Dieses Bild ist konnotiert mit Vertrauen und wohnortnaher Versorgung. Also dem, was auch Community Health Nursing - Gemeindegesundheitspflege - ausmachen kann.

Am 12. Mai 2024 ist Tahnee Leyh gemeinsam mit Jens Stüwe ab 11 Uhr zu Gast beim Brunch & Talk zum Internationalen Tag der Pflegenden in der Berliner Geschäftsstelle des DBfK Nordost. Mitglieder und Begleitung sind herzlich willkommen. Hier geht's zur Anmeldung.

Für Fragen rund um Community Health Nursing gibt es darüber hinaus eine Fachgruppe im DBfK, Kontakt: chn-fachgruppe@dbfk.de

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