Oberflächlich und unangemessen: DBfK bewertet Koalitionsvertrag in Schleswig-Holstein als mangelhaft

24.06.2022

CDU und Grüne haben ihre Koalitionsvereinbarung mit dem Titel „Ideen verbinden – Chancen nutzen. Schleswig-Holstein gestalten“ veröffentlicht. In Bezug auf die berufliche Pflege bewertet der DBfK Nordwest den Vertrag als oberflächlich und im Hinblick auf die gesundheitspolitischen Herausforderungen im Land als mangelhaft.

„Davon abgesehen, dass die Aussagen im Koalitionsvertrag in Bezug auf die berufliche Pflege deutlich hinter unseren Erwartungen und damit den Notwendigkeiten zur Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung in Schleswig-Holstein liegen, ist die Ausgliederung des Ressorts Gesundheit aus dem Sozialministerium hin zum Justizministerium mit der Erklärung, es hätte sich gerade in der Coronakrise gezeigt, dass es eine entsprechende juristische Expertise bräuchte, bemerkenswert“ so Swantje Seismann-Petersen, stellvertretende Vorsitzende des DBfK Nordwest. Vielmehr braucht es dem DBfK zufolge einen konzentrierten Blick auf die Gesundheitssystem in Schleswig-Holstein, denn gerade die Pandemie hat aufgezeigt, welche Bedeutung die Gesundheitsversorgung hat. „Eine Ressortzuteilung, die dem Anschein nach machtpolitische Interessen und nicht gesundheits- und versorgungsrelevante Fragestellungen in den Vordergrund stellt, ist weder inhaltlich angemessen noch zeitgemäß.“

Mit einer sehr deutlichen Schwerpunktsetzung der Arbeit der zukünftigen Landesregierung wird laut DBfK schnell deutlich, dass Themen die berufliche Pflege und die Entwicklung der Pflegeberufe betreffend der künftigen Regierungskoalition offensichtlich nicht ganz so nah am Herzen liegen, wie die Klima-, Bildungs- und Wirtschaftspolitik. Zwar werden mit dem Pakt für die „Gesundheits- und Pflegeberufe“ sowie dem „Zielbild für die Gesundheitsversorgung 2030“ zwei Maßnahmenpakte benannt, die vielversprechend klingen, was sich konkret hinter diesen Wortwolken verbirgt, bleibt aber sehr vage.

Als Maßnahmen der Gewinnung von Menschen für den Bereich der Gesundheits- und Pflegefachberufe weist der Koalitionsvertrag zwar auch Investitionen in die Akademisierung dieser auf. Allerdings nicht, ohne deutlich zu machen, dass man gerade für den Pflegeberuf weiterhin für eine umfassende Bildungs- und Chancengerechtigkeit stehen würde und so möglichst vielen Menschen den Zugang zum Pflegeberuf ermöglichen möchte. Damit wird dem DBfK zufolge deutlich, dass die zukünftig Regierungskoalition immer noch glaubt, den Pflegeberuf kann jede:r erlernen und ausüben.

Als völliger Anachronismus mutet laut DBfK das unter der Überschrift „Fachkräftegewinnung“ formulierte Ziel an, Delegation von „geeigneten ärztlichen Tätigkeiten“ in die Gesundheitsfachberufe zu erleichtern. „Hier kommt eine Haltung den Pflegefachpersonen gegenüber zum Ausdruck, die von der Verrichtungsorientierung geprägt ist und eigenständiges Handeln der auf einer eigenen Wissenschaft beruhenden Profession Pflege negiert“, so Seismann-Petersen.

Der Koalitionsvertrag weist auf Community-Health-Nurses hin, vergleicht diese aber fälschlicherweise auch mit Gemeindepflegerinnen, Gemeindeschwestern oder Gemeindelotsen. Hier wird im Koalitionsvertrag an den Bund adressiert, zunächst die Finanzierung und Umsetzungsfragen bezüglich dieser Tätigkeiten zu klären. Es wäre aber laut DBfK Aufgabe des Landes, Studienplätze für zukünftige Community Health Nurses zu schaffen, anstatt das Thema nach Berlin zu verweisen.

„Allein der Umstand, dass die Bewältigung der Herausforderungen durch den überwältigenden Mangel an Pflegefachpersonen in Schleswig-Holstein keine offensichtlich übergeordnete Priorität hat, verdeutlicht aber auch, welches Vakuum in der Pflegepolitik Schleswig-Holsteins durch die Abwicklung der Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein entstanden ist“, so Seismann-Petersen.

Insgesamt macht der Koalitionsvertrag nach Ansicht des DBfK in Bezug auf die berufliche Pflege den Eindruck, dass sich die zukünftigen Regierungsparteien bei Themen, die eine gewisse Brisanz mit sich bringen, hinter Begrifflichkeiten versteckt, die einen hohen Interpretationsspielraum lassen. Der Berufsverband wird die Entwicklungen im Landtag genau beobachten, kritisch hinterfragen und sich einbringen. „Das Land steht eben nicht nur vor großen umwelt- und klimapolitischen Herausforderungen, sondern genauso groß sind die Probleme in der Versorgung der Bevölkerung, die nicht zu bewältigen sind, wenn die berufliche Pflegende nicht schnellstmöglich massiv und nachhaltig sowie gleichberechtigt zu anderen Gesundheitsfachberufen inklusive der Medizin unterstützt, aufgewertet und entwickelt wird“, erklärt Seismann-Petersen.

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