02.10.2024
An dem Tag, als das dritte Pflegeheim in Hamburg in diesem Jahr seine Schließung ankündigte, hat der Hamburger Senat eine vermeintliche Lösung beschlossen: die Absenkung der Fachkraftquote von bisher 50 auf 40 Prozent für solche Einrichtungen, die in den vergangenen zwölf Monaten eine „gute Betreuungsqualität“ erreicht haben. Sofern die Landesverbände der Pflegekassen ein „hohes Qualitätsniveau“ feststellen, sollen die Einrichtungen bei der Wahl des Qualifikation-Mixes völlig frei sein. Diese Regelung soll ab dem 1. November 2024 gelten.
„Der Effekt dieser Maßnahme ist
absehbar“, sagt Swantje Seismann-Petersen, stellvertretende Vorsitzende des
DBfK Nordwest. „Sie wird dazu führen, dass Heime, die bisher auch dank einer
ausreichenden Besetzung mit Pflegefachpersonen eine gute Versorgung anbieten
konnten, künftig mit weniger Fachpersonal arbeiten werden. Sie wird auch dazu
führen, dass künftig weniger Pflegefachpersonen mit mehr gering qualifizierten
Pflegehilfspersonen die Bewohner:innen versorgen müssen. Das steht im Gegensatz
zu den komplexen Anforderungen, die in den vergangenen Jahren erheblich
gestiegen sind. Denn immer mehr Menschen ziehen erst in höherem Alter und infolgedessen
mit anspruchsvollen pflegerischen und medizinischen Versorgungsbedarfen
aufgrund von Multimorbidität und chronischen Erkrankungen ins Pflegeheim. Hier
braucht es eher mehr beruflich und akademisch qualifizierte Pflegende als
weniger. Wir halten diesen Senatsbeschluss für einen undurchdachten
Schnellschuss, der das Problem nicht an der Wurzel greift und zu Lasten der
Pflegefachpersonen und Menschen mit Pflegedarf geht. Die politisch
Verantwortlichen haben es in den vergangenen Jahren versäumt, das
Gesundheitssystem insgesamt und ganz besonders die stationäre Langzeitpflege
fit für den demografischen Wandel zu machen.“
Während der Senat die Flexibilisierung der Fachkraftquote als Baustein sieht, „um das Angebot an guter stationärer Pflege in Hamburg zu stärken“, befürchtet der DBfK das Gegenteil. Besonders kritisch sieht er den kompletten Wegfall der Anforderungen an die Anteile von Pflegefachpersonen und landesrechtlich anerkannten Assistent:innen bei Pflegeheimen mit „hohem Qualitätsniveau“.
„Es ist darüber hinaus fragwürdig, ob sich anhand der Prüfinstrumente, die derzeit für die Bemessung der Versorgungsqualität eingesetzt werden, überhaupt vernünftige Kriterien für einen angemessen Personaleinsatz ablesen lassen, denn diese bilden eher die Qualität der Dokumentation und nicht der Versorgung ab“, so Swantje Seismann-Petersen weiter. „Wenn schon der Bewertungsmaßstab zweifelhaft ist: wie sollen sich daraus valide Kriterien für eine Flexibilisierung ableiten lassen? Damit wird eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt, die die Versorgungssituation in Hamburger Pflegeheimen noch prekärer werden lässt als sie es ohnehin schon ist.“